Verwaltung im Versuchsstadium – öffentliche Aufmerksamkeit ist gefragt

In der Sitzung des Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr und technische Dienste am 12. November will die Stadtverwaltung den Bearbeitungsstau in Sachen Klimaschutz auflösen. In der Oktobersitzung wurde über eine Beschlussvorlage ein Zwischenstand mitgeteilt:

„Die Verwaltung nimmt derzeit schon Hinweise zu Klimaauswirkungen der Maßnahmen in die Beschlussvorlagen mit auf. Diese werden allerdings eine Anpassung und Spezifizierung erfahren. Hierbei hilft ein vom Deutschen Städtetag und Difu erarbeiteter Handlungsleitfaden, der derzeit für die Stadt Celle angepasst wird. Auch das Tool des Klimabündnisses hierzu wird dabei berücksichtigt. Dieser Celler Leitfaden wird im November vorgestellt.

Ferner hat die Überprüfung schon bestehender Beschlüsse auf Klimarelevanz stattgefunden. Es ist festzuhalten, dass es keine Beschlüsse gibt, die nicht in der Sache an sich die Klimarelevanz als zu bearbeitenden Punkt an sich beinhalten (Bauleitplanung) oder keine Auswirkungen auf das Klima haben (Einführung eines Kommunalen Ordnungsdienstes) oder schon gänzlich umgesetzt wurden.“

Nullvariante scheidet aus

In der Tat hat die Verwaltung angefangen, in Beschlussvorlagen die „Klimaauswirkungen“ zu benennen. Zum „Bebauungsplan Feuerwehrgerätehaus Westercelle“ etwa wurde folgendes mitgeteilt:

„Da das für die Feuerwehr Westercelle erforderliche Gerätehaus nicht am heutigen Standort errichtet werden kann, scheidet die Nullvariante als Planungsalternative aus. Es ist davon auszugehen, dass durch die Umsetzung der Planung gegenüber der Nullvariante zunächst zusätzliche CO2-Äquivalenz-Emissionen entstehen werden.

[…] Im Zuge der Umsetzung des Bauvorhabens wird es zu einer Waldumwandlung und einer Beseitigung von Vegetation kommen, die eine klimarelevante Veränderung der heutigen Situation darstellt. Um die Klimaauswirkungen (vorwiegend auf das Mikroklima) zu reduzieren, werden im verbindlichen Bauleitplanverfahren soweit möglich vorhandene Bäume als zu erhalten festgesetzt. Darüber hinaus wird die vorhandene Allee als freiwillige Minimierungsmaßnahme für den Verlust von Straßenbäumen durch die Pflanzung von Eichen ergänzt.

Der Verlust der Waldfläche wird durch das Aufforsten einer geeigneten Fläche ausgeglichen. Die hierfür vorgesehene Fläche wurde bereits im Jahr 2014 mit einem Waldentwicklungstyp 10 (Traubeneiche-Buche-Hainbuche) aufgeforstet. Der hierfür vorgesehene Ausgleich wurde, mit Blick auf den „Klima in Not – Beschluss“, höher als rechnerisch erforderlich angesetzt. Mit der höheren Anzahl von Bäumen pro Hektar auf der Aufforstungsfläche, wird perspektivisch eine größere CO2 Bindung als derzeit erzielt.

Gegebenenfalls werden über den Bebauungsplan hinaus bauliche Maßnahmen ergriffen, die zu einer weiteren Reduzierung der klimarelevanten Auswirkungen beitragen können. Für das Bauvorhaben werden im Zuge der weiteren Ausführungsplanungen unterschiedliche klimaschonende bzw. energieeffiziente Heizungssysteme geprüft. Gegebenenfalls kommen hierfür Geothermie oder eine Kombination von Luftwärmepumpen und Fotovoltaik in Frage.“

Vorteile und Probleme

Vorteile und Probleme der Prüfung auf Klimarelevanz werden in dieser Vorlage schon deutlich:

1.) Dass die „Nullvariante“ ausscheidet, ist zum einen eine (sachlich begründete) politische Entscheidung: Ein neues Feuerwehrgerätehaus muss her, weil das alte nicht mehr den Anforderungen entspricht.

Problematisch ist, dass Standortalternativen nicht Gegenstand der Bewertung geworden sind. (Die Wahl des Grundstücks war angeblich alternativlos. Das stimmt allerdings nur, wenn man die Auswahlkriterien betrachtet. Das wichtigste Kriterium war, dass das Grundstück  nichts kosten dürfe. Angesichts der z.B. von der Stadt klaglos hingenommenen Kostensteigerung beim neuen Bauhof Hohe Wende von über zwei Mio. Euro sind aber ein paar Hunderttausend Euro für ein Feuerwehrgrundstück Peanuts. Ein weiteres Kriterium war, dass das neue Feuerwehrhaus wesentlich (!) größer sein müsse als das alte. Wie weit das fachlich - außer von der Feuerwehr selbst - überprüft wurde, bleibt intransparent.)

2.) Ein deutlicher Mangel ist, dass das Problem der Boden-Versiegelung nicht Bestandteil der Bewertung ist. Hier sind Rat und Öffentlichkeit gefordert, dass dies künftig im Leitfaden eine Rolle spielt.

3.) Im engeren Sinn klimarelevante Veränderungen sollen mit bestimmten Maßnahmen ausgeglichen werden. Im Prinzip ist das bei der Umsetzung von Bauvorhaben sowieso schon Standard. Wichtig wäre hier eine Quantifizierung der Ausgleichsmaßnahmen. - In der Vorlage ist es so ja nicht mehr als eine Behauptung, dass „perspektivisch eine größere CO2 Bindung als derzeit erzielt“ wird. (Formal wurde dafür eine bereits 2014 angepflanzte Ausgleichsfläche eingesetzt. Doch eine herkömmliche (!) Ausgleichspflanzung - auch wenn sie tatsächlich zusätzlich für die jeweilige Baumaßnahme durchgeführt wird - ist klimatechnisch fast unwirksam: Werden 40 Jahre alte Bäume gefällt, dauert es im besten Fall wieder 40 Jahre bis der Klimaschaden durch Nachwuchs eines Baums ausgeglichen ist. Angesichts der Dürreprobleme dauert der Nachwuchs eher länger oder misslingt sogar. Wollte man die CO2-Bilanz wirklich ausgleichen, müssten für jeden gefällten 30 bis 40 jährigen Baum sofort bis zu 400 junge Bäume gepflanzt werden.)

4.) Eigentlich müsste es ja eine Selbstverständlichkeit sein, bei Baumaßnahmen die Wärmefrage klimaneutral zu lösen. Hier wird es immerhin als Ziel der weiteren Planung benannt.

5.) Wichtig wäre, dass nach Abschluss der Maßnahme eine weitere Bewertung erfolgt.

Höchst interessant dürfte die Bewertung schon gefasster Beschlüsse werden.