CO2-freie Busse bei CeBus - steter Tropfen höhlt den Stein

Immerhin: Es kommt Bewegung in die Problematik CO2-freier ÖPNV. In der Sitzung des Kreistags-Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Tourismus  03.06.2021 stellt die Verwaltung ein Konzept zur Beratung, dass bis zum nächsten Nachverkehrsplan, der 2023 verabschiedet wird, auf Grundlage eines Gutachtens eine Entscheidung über den künftigen Weg (E-Moblitität oder Wasserstoffantrieb) herbeiführen soll. Hier zum Download der Beschlussvorlage, die sich so darstellt:


[1] Präsentation der Busgruppe

Im Rahmen der gezeigten Präsentation wird die Busgruppe, zu der die CeBus GmbH & Co. KG gehört, über den aktuellen Sachstand zu emissionsfreien Antriebstechniken innerhalb des Unternehmensverbundes berichten und einen Überblick über die verschiedenen Technologien bieten.

[2] Übersicht Fördermöglichkeiten

Die Anlage 1 zeigt eine Übersicht über die aktuellen Fördermöglichkeiten für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen. Die verfügbaren Fördermöglichkeiten wurden zudem auf die Umsetzbarkeit im Rahmen des laufenden Verkehrsvertrages geprüft und bewertet. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es einer Entscheidung im Hinblick auf die Festlegung der künftigen Antriebstechnologie(n) im Landkreis Celle bedarf, um eine künftige Beantragung von Fördermitteln aus unterschiedlichen Programmen zu ermöglichen.

[3] Beauftragung eines Gutachters

Um die erforderlichen Voraussetzungen für die Entscheidung für eine oder mehrere künftige Antriebstechnologie(n) und die notwendige Akquirierung von Fördermitteln zu schaffen, schlägt die Kreisverwaltung die Beauftragung eines Gutachters mit der Erstellung eines Verkehrskonzeptes für emissionsfreie Antriebstechniken im ÖPNV des Landkreises Celle vor. Das Konzept soll im Rahmen einer Evaluation des Nahverkehrsplanes Bestandteil der nächsten Ausschreibung werden. Es soll verschiedene, nach Möglichkeit unabhängig voneinander umsetzbare Bausteine enthalten, die zu einer Verbesserung des ÖPNV im Landkreis Celle, insbesondere auch zur Reduzierung der CO2-Emissionen, beitragen. Auch soll es die Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht (u.a. Clean-Vehicle-Richtlinie) sicherstellen.


Der Beschlussvorschlag lautet dann:


Die Kreisverwaltung beauftragt einen Gutachter mit der Erstellung eines Verkehrskonzeptes für emissionsfreie Antriebstechniken im ÖPNV des Landkreises Celle. [...] Es wird mit einem mittleren fünfstelligen Betrag gerechnet. Eine genaue Bezifferung der Aufwendungen ist jedoch erst nach der erfolgten Ausschreibung möglich.

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Rückblick:

Im Mai 2020 haben wir in einer ausführlichen Stellungnahme darauf aufmerksam gemacht, dass beim ÖPNV schnellstmöglich eine Umstellung von Diesel auf CO2-freie Antriebstechnik zu erfolgen habe. Der Kreistags-Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Tourismus lehnte eine Neubehandlung des CeBus-Beschlusses zur Beschaffung von 42 Dieselbusse bis 2025 ab. Und CeBus bekräftigte gegenüber CWC und der Presse diese Entscheidung. Im Juni 2020  wurde dann die SPD hinsichtlich ihres Antrags „Weniger Treibhausgase im ÖPNV – Maßnahmen für einen CO2-armen und zukunftsfähigen ÖPNV (An0115/2016-2021)“ mit der Begründung vertröstet, dass „zunächst die aktuelle Corona bedingte wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens zu bewältigen“ sei.

In diesem Jahr wird es nichts mehr werden im Landkreis Celle mit einer schrittweisen Umstellung auf E-Busse. Die SPD wurde hinsichtlich ihres Antrags „Weniger Treibhausgase im ÖPNV – Maßnahmen für einen CO2armen und zukunftsfähigen ÖPNV (An0115/2016-2021)“ vertröstet. Im Kreisausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Tourismus hieß es am 23. Juni zur Begründung, dass „zunächst die aktuelle Corona bedingte wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens zu bewältigen“ sei.

Die Initiative Climate-Watch-Celle kritisiert dieses Vorgehen. Ihr Sprecher Reinhard Rohde weist darauf hin, dass der Bund 2,5 Milliarden Euro bereit stelle, um das Minus im bundesweiten ÖPNV auszugleichen, und weitere 2,5 Milliarden Euro von den Ländern kommen sollen: „Unterm Strich sind damit die prognostizierten Einnahmeverluste in Höhe von rund 5 Milliarden ausgeglichen, also kein Argument gegen den Einstieg in die weniger schädliche Elektromobilität.“

CeBus war vom Landkreis im Hinblick auf den SPD-Antrag um eine Stellungnahme gebeten worden,

Hinweis: Am 08.06.2020 wurde diese Stellungnahme um einen Hinweis auf die Clean Vehicle Richtlinie der EU ergänzt! 

Warum muss der ÖPNV zügig auf CO2-Null umgestellt werden?

In Jahr 2019 trägt der Verkehr in Deutschland zu 19% zum Ausstoß von Treibhausgas bei. Der CO2-Ausstoß aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist dafür überwiegend ver­antwortlich. Zwar tragen auch noch Elektrofahrzeuge wie z.B. Züge und E-PKW zu den CO2-Emissionen bei. Doch diese Emissionen konnten durch die erhebliche Steigerung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien (von 5,5 % in 1998 auf 50% in 2020) bereits deutlich gesenkt werden. Während bei der Stromerzeugung der CO2-Ausstoß also erheblich gesenkt wurde, stieg er im Verkehr von 1998 bis 2020 sogar noch um 15% an.

Das Klimaziel CO2-Null bis 2050 wird nur dann erreicht, wenn nicht nur die Stromerzeugung zu 100% regenerativ geworden ist. Sondern es müssen auch die anderen Sektoren wie u.a. Privathaushalte, Industrie und Verkehr zu 100% auf den Einsatz des regenerativen Stroms umgestellt werden. Im Sonderfall wie z.B. Stahl­erzeugung oder Straßen-Fernverkehr wird man auch den aus regenerativem Strom erzeugten Wasserstoff einsetzen. Derzeit sieht es aber leider so aus, als ob jeder Sektor erstmal abwartet, bis der andere Sektor komplett umgestellt hat. So werden sogar die eher bescheidenen Klimaziele Deutschlands (-55% Treibhausgas in 2030 und -75% in 2040) unmöglich erreicht werden. Ziel jeder Verkehrspolitik – ob bundesweit, landesweit, regional oder lokal – muss es also sein, die Umstellung auf CO2-freie Fahrzeuge auch im ÖPNV umgehend (!) zu beginnen! Gerade der ÖPNV sollte hier deutliche Signale setzen, um eine Vorbildfunktion wahrzunehmen, schließlich wird er von Geldern der öffentlichen Hand subventioniert.

Cebus – sinnvolle Modernisierung seit 2015

Die Masse der Fahrzeuge der CeBus-Flotte war in 2014 so überaltert, dass die Abgaswerte bzgl. NOX und Feinstaub katastrophal waren. Beraten von der PROZIV Verkehrs- und Regionalplaner GmbH & Co KG begann CeBus mit der systematischen Modernisierung seiner Busflotte. Aus Kostengründen wurden die 55 Busse der EURO 1 und 2 Norm zwar z.T. nur durch gebrauchte Busse mit besserer Abgasnorm ersetzt. Aber immerhin wurden auch 43 EURO 6 Busse der besten Abgasnorm dazugekauft, so dass deren Anteil von 0% in 2014 auf immerhin 40% von 108 Bussen bis Ende 2019 gesteigert werden konnte. Der Einstieg in die Anschaffung von E-Bussen, Hybrid- oder gar Wasserstoff-Bussen stand zwar schon 2015 zur Diskussion und es hätte auch Förderprogramme vom Land NDS gegeben. Doch angesichts der noch relativ unerprobten Technologien schien für die Stadt und den Landkreis Celle angesichts ihrer Verschuldung das wirtschaftliche Risiko zu groß.

2020 – statt andauerndem Fortschritt bei der CO2 Einsparung weitere 10 bis 20 Jahre Stillstand  

Mitte 2019 fällte CeBus nun die Entscheidung, bis 2025 weitere 42 neue EURO 6 Dieselbusse dazu zu kaufen. Das heißt bis Ende 2025 wären dann 80% der Cebus-Flotte auf EURO 6 modernisiert. Was die CO2-Einsparung betrifft, brächte das allerdings sehr wenig. Abgesehen davon, dass der CO2-Minderungseffekt zwischen EURO 1 und EURO 6 ziemlich gering ist, muss diesbezüglich EURO 6 gegen E-Bus, Hybrid-Bus oder Wasserstoffbus verglichen werden. Da die durchschnittliche Laufleistung eines Dieselbusses im ÖPNV ca. 15 Jahre beträgt, würde sich aufgrund dieser Entscheidung für die ausschließliche Neuanschaffung von Dieselbussen in Sachen einer deutlichen CO2-Reduzierung im ÖPNV des Landkreis Celle die nächsten Jahre nichts mehr tun. (Allerdings wird der ÖPNV im LK Celle im Jahr 2025 neu ausgeschrieben.)

Hinweis: Diese ursprünglich Anfang Mai 2020 erstveröffentlichte Stellungnahme wurde wg. der am 20. April 2020 novellierten Straßenverkehrsordnung (StVO) ergänzt und überarbeitet. Die neue StVO bietet nämlich den Kommunen wesentlich mehr Werkzeuge zur Gestaltung Radfahrer und Fußgänger freundlicher Städte. 

Warum muss Celle eine Fahrradstadt werden?

Im Rahmen von Klimaschutz und Energiewende wird klar, dass die innerstädtische Mobilität vom Individualverkehr im Pkw im großen Umfang auf öffentlichen Personennahverkehr, Fahrradfahren und zu Fuß gehen umgestellt werden muss. Natürlich darf der Pkw-Verkehr nicht willkürlich eingeschränkt werden, ohne gleichzeitig gut nutzbare Alternativen anzubieten. Und dafür ist eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur in Celle eine gut mögliche, eine prinzipiell relativ schnell durchführbare und vor allem eine kostengünstige Maßnahme.

Guter Wille, Absichtserklärungen, Symbolhandlungen und Schönreden

Die offizielle Stadtpolitik erklärt immer wieder, dass die Stadt Celle sich besonders stark für den Radverkehr engagiert. Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge spricht von einer „Fahrradoffensive“, die noch nicht abgeschlossen sei, sondern als „Daueraufgabe“ angesehen werde. Doch heißt „nie abgeschlossen“ am Ende „nie wirklich angefangen“? Denn welches Ziel hat diese Daueraufgabe in Celle, und was sind ihre konkreten, mit Umsetzungsterminen ver­sehenen Teilschritte? Neben einigen wenigen wirksamen Maßnahmen (z.B. Fahrradparkhaus am Bahnhof) gibt es lediglich symbolische Maßnahmen wie z.B. die Aufstellung einer (meist defekten) Luftpumpe und ein paar planlos aufgestellter Fahrradbügel. Für eine echte Fahrradoffensive benötigt man eine entsprechende städtische Organisation und eine verbindliche kurz-, mittel- und langfristige Planung. Davon ist in Celle derzeit leider noch wenig zu erkennen.

Ein Fahrradbeauftragter ohne Auftrag

Die Stadtverwaltung hat einen Fahrradbeauftragten, der sogar einen eigenen Bereich auf der Website der Stadt hat. Doch was sind eigentlich seine Aufgaben, seine Planungs- und Umsetzungskompetenzen und mit welchen Zielen? Dazu gibt die Stadt auf der Webseite keine Auskunft.

Man findet lediglich einen Link zu einem Online-Fragebogen "zur Verbesserung des Radverkehrs". Das wäre zwar eine gute Möglichkeit für die Bürger*innen, Wünsche an die Stadt heranzutragen und Auffälligkeiten zu melden. Aber leider ist der Fragebogen auch nach Jahren noch sehr wenig bekannt, und es wird wenig unternommen, dies zu ändern. Personen, die bereits Mängel gemeldet haben, klagen oft über Untätigkeit („leider nicht möglich“) oder eine sehr schleppende Erledigung.

Zusätzlich wird auf der Webseite des Fahrradbeauftragten ein Übersichtsplan "Fahrradfahren in der Celler Innenstadt" zum Download angeboten. Zurecht ist er „gut versteckt“. Der Plan selbst dokumentiert nämlich die völlige Unfähigkeit oder den Unwillen der Stadt Celle, ein in sich konsistentes, leicht zu nutzendes Fahrradwegenetz in Celle aufzubauen. Sie schafft das nicht mal in der relativ kleinen, übersichtlichen Innenstadt. Wer mit dem Fahrrad „legal“ in der Celler Innenstadt unter­wegs sein will, kommt sich vor wie seinerzeit Theseus im alten Griechenland im Labyrinth, nur dass ihm der Ariadne­faden fehlt.

Seltsamerweise ist der Herausgeber dieses Plans nicht die Stadt, sondern die sogenannte „AG Fahr Rad“. Eine AG, in der Mitglieder der Stadt Celle, der Polizei, des ADFC, des VCD, des Malteser Hilfsdiensts und der Parents for Future Themen des Radverkehrs „besprechen dürfen“. Echte Planungs- und Entscheidungskompetenzen hat diese AG nicht. Bislang diente diese AG eher als Feigenblatt, um den bisherigen Mangel an tatsächlichen Aktivitäten der Stadt zu verschleiern.

Bisherige Aktionen und Unterlassungen der Stadt

Eine neue überdachte Fahrradabstellanlage am Bahnhof wurde installiert, die funktioniert und auch gut an­genommen wird. Eine sehr gute Maßnahme, die aber wohl eher dem Leidensdruck (vorheriges Fahr­rad­abstellchaos rund um den Bahnhof) als echter Planung entsprang. Übrigens fehlt ein funktion­ierendes Verfahren, "Schrott­räder" in den Abstellanlagen rund um den Bahnhof zu entfernen. Auch andere Städte haben dieses Problem, aber in Celle bleiben als Schrott erkennbare Fahrräder monatelang stehen. Eine gute und vor allem transparente Lösung könnte man sich von München abgucken.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Fahrradabstellmöglichkeiten (Fahrradbügel) in der Celler Innenstadt geschaffen. Diese an sich gute Maßnahme hat in der Öffentlichkeit zu Hohn und Spott geführt, da es offensichtlich keinen durchdachten Plan gab. Erst wurden Bügel gestohlen, da sie nicht sicher angebracht waren, dann mussten zahlreiche Bügel abgebaut und um 90 Grad versetzt wieder angebracht werden. Auf der Stechbahn wurden z.B. Fahrradständer direkt neben einem Behindertenparkplatz angebracht. So werden Fahrräder zu unnötigen Hindernissen.

Vor dem Alten Rathaus wurde eine Öffentliche Luftpumpe angebracht. Leider ohne eine deutschsprachige Bedienungsanleitung. Diese wird von einer Privatperson immer wieder angebracht, hält aber erfahrungsgemäß nicht dauerhaft. Die Fahrrad-Aktivist*innen (z.B. die AG „Fahr Rad“) wurden ebenso wie der lokale Fahrrad-Einzelhandel leider nicht an der Auswahl des Modells beteiligt oder auch nur im Vorfeld informiert. Es gibt nämlich sehr viel günstigere und weniger anfällige Fahrradpumpen für den öffentlichen Raum. So wird es wohl auch künftig immer wieder Radfahrende aus Celle oder Tourist*innen geben, die enttäuscht vor dieser Pumpe stehen werden, da sie immer wieder ausfällt. Inzwischen wurden weitere Öffentliche Luftpumpen installiert (z.B. Abstellanlage Südwall und Bahnhof). Völlig unverständlich ist, dass aus den Erfahrungen nichts gelernt wurde, so fehlen wieder Bedienungsanleitungen, sowie eine Druckanzeige, außerdem muss man lange suchen, um die Pumpen überhaupt zu finden, da es keine Hinweise (siehe fehlender Fahrradwegeplan) auf die an sich gute Einrichtung gibt.

Zu den bereits bestehenden Fahrradstraßen sollen weitere Fahrradstraßen dazu kommen. Auch das ist eine an sich sehr gute Maßnahme, die aber bislang nur halbherzig umgesetzt wird. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass nach den bis April 2020 geltenden gesetzlichen Bestimmungen, nur Straßen, auf den bereits Fahrradverkehr vorherrschend ist, in Fahrradstraßen umgewidmet werden durften. Die neue StVO hat aber „Fahrradzonen“ eingeführt (siehe weiter unten), für die diese Beschränkung nicht mehr gilt. Die Stadt Celle hätte also inzwischen volle Planungs- und Handlungsfreiheit, wenn es ihr tatsächlich um eine verkehrsberuhigte, Klima und Fahrrad freundliche Stadt ginge.  

Die Stadt Celle hat in den letzten Jahren zwar einige zusätzliche Radwege „angelegt“. Doch im wesentlichen sind diese fiktiv. Das bloße Aufmalen von Radwegen auf Straßen ersetzt keine wirklichen Radwege. Ja zum Teil erhöht es sogar die Unfallgefahr, wenn z.B. wie an der Westercellertorstraße und am Schlossplatz die Fahrradspur plötzlich abreißt und mitten in der Straße zwischen den Autos fortgeführt wird. Auch durch Bushaltestellen oder Holperpflaster jäh unterbrochene Radwege zwingen zu gefährlichen Ausweichmanövern.

Auch für das Einhalten des gesetzlichen Mindestabstands beim Überholen von Radfahrern tut die Stadt bislang nichts. Im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht sollte die Stadt bei allen Fahrrad-Schutzstreifen, bei denen ein Überholen von Radfahrern mit dem gesetzlichen Sicherheitsabstand von min. 1,50 m unmöglich ist (z.B. im Südwall oder in der Hehlentorstraße) gemäß der novellierten Straßenverkehrsordnung von 20.04.2020 das neue Verkehrsschild Nr. 277.1 anbringen lassen: "Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder".

Auch das nach der neuen StVO erlassene strenge Halteverbot vor aufgemalten Radwegen ("Schutzstreifen") für Pkws und Lieferwagen wird bislang von der Polizei in Celle nicht wirklich auf Einhaltung überwacht, Verstöße dagegen werden bislang „übersehen“.

Viele Fahrradfahrer in Celle klagen auch zurecht über fehlende Fahrradampeln an vielen Kreuzungen. Gibt es keine separate Fahrradampel, müssen sich Radfahrer*innen seit 2017 zwar nach der Pkw-Ampel richten. Doch in Celle gibt es noch viele kombinierte Fahrrad/Fußgänger-Ampeln, die ausgerichtet sind auf die Straßenquerungszeiten der Fußgänger*innen, an die sich dann aber eben auch Radfahrer*innen halten müssen. Dagegen würden zusätzliche Fahrradampeln mit an das Fahrradtempo angepasster Ampelschaltung ein wesentlich flüssigeres Radfahren unterstützen. Ein entsprechender Antrag des "Bündnis soziale Gerechtigkeit" ist anscheinend nie behandelt worden:

Angeblich soll in Celle ein spezieller Radweg zum Bahnhof ausgebaut werden. Es ist allerdings abzuwarten, ob daraus eine wirklich durchgehend sichere, zügig befahrbare Lösung wird.

Förderung der Anschaffung von Lastenrädern durch den Klimaschutzfonds Celle: Privatleute, eingetragene Vereine, Firmen und Institutionen, die in Celle wohnen oder ansässig sein, werden mit 10 % des Anschaffungswerts (bis zu max. 500 Euro) pro Lastenrad unterstützt. Allerdings sind die Straßen und Wege, auf denen in Celle diese Lastenräder gefahrlos genutzt werden können, noch dünn gesät.

Im Projektstatus befindet sich der Aufbau einer Mobilitätszentrale am Bahnhof. Diese verfolge im Kern den Ansatz, „Reisende zu motivieren, auf die Benutzung des eigenen Autos zu verzichten und die geschaffenen Alternativen zur Überwindung der „letzten Meile“ zu nutzen.“ Doch wie sieht diese letzte Meile in Celle aus? Kaum eine Buslinie fährt über den Bahnhofsvorplatz. Und wird man dann im „Mobilitätscenter“ schnell und unkompliziert E-Pkws, Pedelecs oder Fahrräder leihen oder sharen können? Andere Städte machen da längst an mit Fördergeldern finanzierten Pilotprojekten (eHubs) mit, z.B. die kleine deutsche Stadt Kempten. Celle hat es mal wieder verschlafen. Hier die Infor der Verwaltung

Aktionen von Bürgerinitiativen

Die AG "Fahr Rad" veranstaltet einmal jährlich eine Aktion unter dem Namen "Fahrradaktionstag" oder "Mobilitätstag".

VCD, LIST und der ADFC rufen immer wieder zu „Critical Mass“ Fahrradaktionen in Celle auf. Das heißt, möglichst viele Radfahrer*innen (aber mindestens 16) fahren gemeinsam durch die Stadt und beanspruchen dabei gezielt den ihnen eigentlich zustehenden Verkehrsraum. Ziel ist es auch zu zeigen, dass die Verkehrsführung in Celle bislang fast nur am Autoverkehr ausgerichtet ist.

Der VCD und LIST veranstalten von Zeit zu Zeit einen „Parking Day“. D.h. auf Autoparkplätzen der Innenstadt werden mobile Fahrrad­reparaturwerkstätten und Info-Stände aufgebaut sowie Unterhaltungsangebote geschaffen, um für eine Fahrrad gerechte Stadt und eine autofreie Innenstadt zu werben.

Ein guter Erfolg ist die Initiative „Celler Lastenrad“. Hier können Bürger nach Voranmeldung für bis zu drei Tage kostenlos ein Lastenrad ausleihen. Diese Initiative wurde zwar finanziell über den Klimaschutzfonds von Stadt und SVO gefördert. Die eigentliche Arbeit bleibt aber bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern des VCDs hängen. Eigentlich müsste so etwas Aufgabe eines städtischen ÖPNVs sein.

Was fehlt, ist echte städtische Planung und Umsetzung

Ein Fahrradwegeplan für Einheimische und Touristen: Wie komme ich mit den Fahrrad am Schnellsten, am Schönstem oder am Sichersten z.B. vom Bahnhof zum Alten Rathaus. In Celle gibt es keinen offiziellen Plan für die Fahrradwege. Und das in einer Stadt, die Tourismus-Werbung macht mit „Celle, der ideale Ausgangspunkt für Radtouren in der Südheide“.

Eine Erfassung des Ist-Stands der Fahrradwege in Celle: D.h. es fehlt eine komplette Übersicht über alle bereits vorhandenen Radwege inklusive ihres Zustands und ihrer zu behebenden Mängel.

Fahrradstraßen, die keine Autostraßen mit aufgemalten Radwegen sind, so dass Autofahrer*innen klar wird: Hier haben Fahrradfahrer*innen Vorrang, und ich darf maximal 30 km/h fahren und muss mich in Geschwindigkeit und beim Überholen an den Radverkehr anpassen. Ggfs. muss man als Autofahrer*in also längere Strecken hinter Radfahrer*innen herfahren. Die Einrichtung von Fahrradstraßen war bislang allerdings von einschränkende Bedingungen abhängig. Stattdessen könnten nun aber Fahrradzonen eingerichtet werden.

Einrichtung von Fahrradzonen. „Analog zu den Tempo 30-Zonen können nun nach der neuen StVO auch Fahrradzonen angeordnet werden. Die Regelung orientiert sich an den Regeln für Fahrradstraßen: Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Auch Elektrokleinstfahrzeuge können hier fahren. Die Straßenverkehrsbehörden können Fahrradzonen unter erleichterten Voraussetzungen anordnen.“ So das Bundesverkehrsministerium im Originalton zur Erläuterung der neuen StVO. Die Städte planerische Frage darf hierbei allerdings nicht sein, „wo ist eine Fahrradzone möglich“, sondern „wo muss man sie im Sinne des Schutzes von Klima, Umwelt, Fußgängern und Radfahrern einrichten.“

Eine transparente und mit verbindlichen Terminen versehene Planung für Neubauten von Fahrradwegen und Fahrradstraßen, sowie Verbesserungs- und Instandhaltungsarbeiten. Ziel muss ein sicheres ohne Unterbrechungen nutzbares Radwegenetz in Celle sein! Wäre diese Planung vorhanden, wäre es auch leichter, kontinuierlich Fördermittel von Land und Bund zu bekommen.

Der tatsächliche Wille zur Fahrradstadt Celle: Das würde nämlich bedeuten, den Fahrradverkehr (übrigens auch den Fußgängerverkehr) in Celle auch auf Kosten des Autoverkehrs auszubauen. Dass man diese Einschränkung des Autoverkehrs noch nicht wirklich will, ist wohl auch die einzig „vernünftige“ Erklärung für die Celler Diskrepanz zwischen Absichtserklärungen und realer Umsetzung.

Spielraum zum Ausprobieren für Modellversuche nutzen: Straßenverkehrsbehörden können mit der gerade in Kraft getretenen Reform der Straßenverkehrsordnung unabhängig von einer nachgewiesenen Gefahrenlage Modellversuche anordnen, zum Beispiel ein flächendeckendes Tempo 30 in der gesamten Stadt. Diese vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Spielräume gilt es nun kreativ zu nutzen.

Zu der oben genannten „Daueraufgabe Fahrradoffensive“ gehört auch eine bessere Transparenz und stärkere Beteiligung der Einwohner*innen in der Planung von entsprechenden Maßnahmen. Wie das gehen kann, zeigt die Website FixmyBerlin, auf der Bürger sich informieren, aber auch Wünsche abgeben können. So etwas wäre mit wenig Aufwand auch in Celle möglich.

SPD Antrag aus 2017 und Ratsbeschluss von 2018 blieben bislang ohne Folgen.

Bereits im Juni 2017 stellte die SPD-Fraktion einen Antrag zur „Verbesserung der Fahrradfreundlichkeit in Celle“. Anlass war, dass die Stadt Celle im ADFC-Ranking der Fahrrad freundlichen Städte in Deutschland auf Platz 65 von 98 zurückgefallen war. Im November 2018 gab dann ein von SPD und CDU Anträgen getragener Ratsbeschluss der Verwaltung den Auftrag „ein Handlungskonzept zur Optimierung der Fahrradinfrastruktur zu entwickeln, das den Wünschen der Fahrradfahrer verstärkt nachgeht, um im Fahrradklima-Städteindex einen besseren Platz zu erreichen“.

Wie viel bzw. wie wenig seitdem geschehen ist, siehe oben!

CDU fordert aktuell Fahrradzonen, SPD forderte bereits 2019 ein Verkehrskonzept

Ende Mai stellte nun die CDU-Fraktion im Stadtrat den Antrag "die Verwaltung möge überprüfen, welche Örtlichkeiten in Celle zur Einrichtung von Fahrradzonen geeignet sind". Dieser Antrag ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings enthält er wie gewohnt keinerlei Zielvorgaben oder Terminierungen für die Verwaltung und auch die Forderung nach einem in sich stimmigem Gesamtplan für Fahrradwege und Fahrradstraßen in Celle fehlt völlig. Auch erwähnt die CDU Fraktion in ihrem Antrag nur "die gesetzliche Möglichkeit einer Priorisierung des Fahrradverkehrs gegenüber dem KFZ-Verkehr", ohne diese Priorisierung selbst zu fordern. Stattdessen spricht die CDU-Fraktion nur von einer "optischen Verdeutlichung des vorherrschenden Fahrradverkehrs". Das lässt leider befürchten, dass von der Verwaltung bestenfalls nur Stückwerk in Form von ein oder zwei isolierten Fahrradzonen geliefert wird, schlimmstenfalls wieder mal nur aufgemalte Fahrradwege.

 

Die Ratsfraktion der SPD erinnerte fast parallel an ihren Antrag aus dem Mai 2019 von der Verwaltung die Erstellung eines Verkehrskonzepts, "das alle Verkehrsmittel als gleichwertig schätzt". Auch hier wird übersehen, dass PKW- und Fahrradverkehr (und die Fußgänger nicht zu vergessen) innerstädtisch fast nirgendwo gleichwertig nebeneinander (!) fließen können. Da muss man schon den Mut haben, den PKW-Verkehr explizit einzuschränken. In Sinne einer klimafreundlichen Verkehrspolitik ist allerdings der SPD-Antrag bzgl. seiner Forderung nach einer autofreien Schuhstraße und einem autofreien Großen Plan voll zu unterstützen.

Aktueller Antrag der GRÜNEN im Juli 2020: Die GRÜNEN stellen den Antrag das (noch nicht existierende) Fahrradkonzept der Stadt zu einem "umsetzungsorientierten Fahrradaktionsplan weiterzuentwickeln“ und zwar unter „ortsteilsnaher Bürgerbeteiligung". Bleibt abzuwarten, ob bei den Ausschuss- und Ratssitzungen im Herbst dann endlich mal ein der Verwaltung strenge Ziele und Termine setzender Beschluss herauskommt.